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In der Ukraine ist offenbar erneut ein Versuch zur Evakuierung im Asow-Stahlwerk in Mariupol eingekesselter Zivilisten gescheitert. In der 220 Kilometer entfernten Stadt Saporischschja kam am Montag kein Evakuierungskonvoi an. Das an der Verteidigung des Stahlwerks beteiligte Asow-Regiment erklärte am Abend im Messengerdienst Telegram, Russland habe den Beschuss des Werksgeländes wieder aufgenommen. Beschossen würden auch Gebäude, "in denen sich Zivilisten verstecken".
In einem auf Telegram veröffentlichten Video erklärte der stellvertretende Kommandeur des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, das Ende der für die Evakuierungsaktion vereinbarten Feuerpause sei zuvor nach hinten verschoben werden. Die Fahrzeuge für die Evakuierung der Zivilisten seien aber erst am späten Nachmittag in Mariupol eingetroffen.
Nachdem am Wochenende erstmals dutzende Menschen das riesige Werksgelände des Konzerns Asow-Stahl in Mariupol verlassen konnten, sollte am Montagmorgen eigentlich eine erneute Rettungsaktion beginnen. Die Evakuierungsbusse kamen nach Angaben des Rathauses von Mariupol jedoch zunächst nicht an der vereinbarten Sammelstelle an.
Am Wochenende waren nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mehr als hundert Menschen aus dem Stahlwerk herausgeholt worden. Nach Angaben der russischen Armee hatten 46 Zivilisten am Samstag das Stahlwerk verlassen und waren "freiwillig" im Separatistengebiet Donezk geblieben. Weitere 80 Menschen verließen Mariupol den Angaben zufolge am Sonntag. 69 von ihnen brachen demnach in ukrainisches Gebiet auf.
Auf die Zivilisten wurde am Montag in Saporischschja vergeblich gewartet. Auf einem Parkplatz am Stadtrand von Saporischschja standen Fahrzeuge des UN-Kinderhilfswerks Unicef und anderer Hilfsorganisationen bereit.
Koordiniert werden die Evakuierungsaktionen aus Mariupol von der UNO und vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Abstimmung mit den Kriegsparteien. Dafür wurde eine örtliche Waffenruhe vereinbart. "Zum ersten Mal hat es in diesem Gebiet für zwei Tage eine echte Waffenruhe gegeben", erklärte Selenskyj am Sonntagabend.
Die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer ist zum Symbol der russischen Kriegsführung in der Ukraine geworden. Russische Truppen hatten die inzwischen weitgehend zerstörte Stadt bereits in den ersten Kriegstagen umzingelt. Die Ukraine schätzt die Zahl der seit Beginn der Belagerung gestorbenen Menschen in Mariupol auf mindestens 20.000. Mittlerweile ist das Stahlwerk die letzte Bastion des ukrainischen Widerstands in der Stadt.
In den unterirdischen Gängen der elf Quadratmeter großen Anlage befinden sich nach Angaben der ukrainischen Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk noch hunderte Zivilisten. Die Menschen hätten kaum Zugang zu Wasser und Nahrung, viele benötigten zudem medizinische Hilfe.
M.Hug--NZN