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Ein Meer von Menschen hat am Freitag in Jerusalem an der Beisetzung der getöteten palästinensischen Journalistin Schirin Abu Akleh teilgenommen. Überschattet wurde die Trauerfeier von gewaltsamen Szenen zu Beginn der Prozession sowie von neuen blutigen Zusammenstößen im von Israel besetzten Westjordanland, bei denen ein israelischer Soldat ums Leben kam und 13 Palästinenser verletzt wurden.
Die 51-jährige Schirin Abu Akleh gehörte zu den bekanntesten Journalistinnen des in Katar ansässigen arabischen Senders Al-Dschasira. Die Palästinenserin, die auch die US-Staatsbürgerschaft besaß, war am Mittwoch bei der Berichterstattung über einen israelischen Militäreinsatz in Dschenin im Norden des Westjordanlandes von einer Kugel im Kopf getroffen worden.
Israel und die Palästinenser hatten sich zunächst gegenseitig für den Tod der Journalistin verantwortlich gemacht. Später räumte Israel ein, Abu Akleh könne auch durch einen Schuss von israelischer Seite getötet worden sein.
Laut einem von der israelischen Armee veröffentlichten Zwischenbericht zu den Ermittlungen "ist es nicht möglich, die Herkunft des Schusses zu bestimmen". Abu Akleh sei entweder durch palästinensisches Streufeuer gestorben oder durch einen israelischen Scharfschützen, der militante Palästinenser ins Visier genommen habe.
Israel fordert gemeinsame Ermittlungen und die Herausgabe der tödlichen Kugel für eine gerichtsmedizinische Untersuchung. Die Palästinenserbehörde lehnt eine gemeinsame Untersuchung ab. Kurz nach dem Tod der Reporterin war in Nablus im Westjordanland eine erste Autopsie vorgenommen worden.
Abu Akleh, eine palästinensische Christin, genoss in der Bevölkerung hohe Anerkennung. Ihre Beerdigung in ihrer Geburtsstadt Jerusalem zog eine große Menschenmenge an. Als ihr Sarg aus einem Krankenhaus im von Israel annektierten Ost-Teil der Stadt herausgetragen wurde, stürmten israelische Polizisten auf Menschen zu, um palästinensische Fahnen zu konfiszieren. Der Staat Israel verbietet das öffentliche Zeigen palästinensischer Flaggen.
Aufnahmen des Senders Palestine TV zeigten, dass der Sarg beinahe zu Boden fiel, als die Polizisten die Menschen auseinandertrieb und nach den Fahnen griff. Die Polizei erklärte, sie sei zum Eingreifen gezwungen gewesen, als "gewaltsame Randalierer versucht haben, den Verlauf der Beisetzung zu stören".
Die bekannte palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi kritisierte auf Twitter, das Vorgehen gegen Sargträger zeige Israels "Unmenschlichkeit". Die EU zeigte sich auf Twitter "entsetzt" über die "unnötige Gewalt" der Polizisten während der Prozession.
Der Leichnam Abu Aklehs wurde dann in einem Fahrzeug in die Jerusalemer Altstadt gefahren und nach einer kurzen Trauerfeier in einer Kirche zum Friedhof auf dem Berg Zion gebracht. Tausende Palästinenser versuchten, dem Sarg bis zum Friedhof außerhalb der Stadtmauern zu folgen.
Die Polizei griff nicht ein, als während des Trauerzuges erneut palästinensische Fahnen geschwenkt wurden, wie AFP-Reporter berichteten. In der Altstadt von Jerusalem herrschte nach der Beisetzung angespannte Stille.
Bei einem erneuten israelischen Militäreinsatz im Westjordanland am Freitag kam es zu neuen gewaltsamen Zusammenstößen. Ein israelischer Soldat wurde bei der Razzia in der Nähe des Flüchtlingslagers Dschenin verletzt und erlag später seinen Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden 13 Palästinenser verletzt, einer von ihnen schwer.
Deutschland und 14 andere europäische Länder forderten unterdessen Israel auf, seine Entscheidung über den Bau von fast 4500 Wohneinheiten für israelische Siedler im Westjordanland "rückgängig zu machen". Diese seien ein "weiteres Hindernis für eine Zweistaatenlösung" und stellten "eindeutig eine Verletzung des Völkerrechts dar", erklärten sie.
Der Planungsausschuss der israelischen Zivilverwaltung des Palästinensergebiets hatte laut der israelischen Nichtregierungsorganisation Peace Now zuvor grünes Licht für den Bau von 2791 Wohneinheiten gegeben. Für 1636 weitere Wohneinheiten stellte er eine vorläufige Genehmigung aus.
F.E.Ackermann--NZN