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Die Sozialistische Partei (PS) von Portugals Regierungschef António Costa liegt nach der vorgezogenen Parlamentswahl laut Prognosen in Führung. Nach den am Sonntagabend von drei Fernsehsendern veröffentlichten Nachwahlbefragungen dürfte die PS ihr Ergebnis im Vergleich zum Urnengang 2019 verbessern, aber trotzdem weiter auf Unterstützung angewiesen sein. Starke Zuwächse erreichte die rechtspopulistische Chega-Partei, sie wird voraussichtlich dritte Kraft im Parlament in Lissabon.
Letzte Umfragen vor dem Urnengang hatten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der PS und der Sozialdemokratischen Partei (PSD) aus dem oppositionellen Mitte-rechts-Lager hingedeutet. Den Prognosen zufolge lag die PS bei 37 bis 42,5 Prozent, die PSD bei 27 bis 35 Prozent. Auf Platz drei liegt laut den Sendern RTP, TVI und SIC die rechtspopulistische Chega-Partei von André Ventura mit bis zu 8,5 Prozent.
Die Sozialisten kämen den Angaben zufolge auf 100 bis 118 Sitze im Parlament, bislang hatten sie 108. Für eine absolute Mehrheit sind mindestens 116 Sitze in dem 230-köpfigen Parlament nötig. Die PSD konnte am Abend mit 75 bis 95 Abgeordneten rechnen. Die Chega, die bislang nur mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten war, kam nach den Prognosen auf sechs bis 14 Sitze.
Die vorgezogene Neuwahl in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land war im November einberufen worden, nachdem der Haushaltsentwurf von Costas Minderheitsregierung im Parlament gescheitert war - auch, weil ihm seine bisherigen Verbündeten von der radikalen Linken die Unterstützung entzogen hatten.
Portugal brauche "nach diesen zwei schwierigen Jahren des Kampfes gegen die Pandemie" Stabilität, hatte Costa am Freitag zum Wahlkampfabschluss in Porto gesagt. Seine Regierung habe die "Austerität und die Stagnation besiegt" und sei auf einem guten Weg gewesen, auch "die Pandemie zu besiegen", sagte der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Lissabon.
Costas PS hatte vor drei Monaten noch deutlich vor der PSD gelegen. Seitdem schrumpfte der Vorsprung der Regierungspartei. In den letzten Umfragen kamen die Sozialisten auf 35 bis 36 Prozent. Die von Portos früherem Bürgermeister Rui Rio angeführten Sozialdemokraten lagen bei 33 Prozent. Eine Koalition mit der Chega-Partei hat der 64-jährige Rio ausgeschlossen.
Wegen der Corona-Krise durfte ein Teil der Bevölkerung bereits vor einer Woche wählen. Rund 300.000 Wähler gaben ihre Stimme schon ab - darunter auch der 60-jährige Costa. Das Prozedere sollte mögliche Schlangen vor Wahllokalen entzerren. Obwohl mehr als 90 Prozent der Portugiesen vollständig geimpft sind, kämpft das Land derzeit gegen die Omikron-Welle. Jeder zehnte Portugiese befindet sich in Quarantäne. Positiv getestete Bürger durften ihre Isolation für die Stimmabgabe verlassen.
Während Costas erster Amtszeit konnte Portugal vier Jahre lang ein Wirtschaftswachstum verzeichnen, das es der Regierung ermöglichte, die während der europäischen Schuldenkrise 2011 verhängten Sparmaßnahmen rückgängig zu machen und den ersten Haushaltsüberschuss des Landes seit 1974 zu erzielen. Die vergangenen zwei Jahre waren von der Corona-Krise geprägt und trafen insbesondere den Tourismus-Sektor schwer.
"Ich habe für die Sozialisten gestimmt, weil wir sie in dieser schwierigen Zeit brauchen", sagte Manuel Pinto, ein 68-jähriger ehemaliger Tischler, der in Lissabon wählte. Trotz einer "gewissen Enttäuschung" über die Sozialisten glaubt die Mehrheit der Wähler, dass Costa "mehr Kompetenzen und Erfahrung als Rio hat, um zu regieren", sagte die Politikwissenschaftlerin Marina Costa Lobo.
F.Schneider--NZN