Zürcher Nachrichten - Libanons Regierungschef sieht israelische Angriffe als "Ablehnung" einer Waffenruhe

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Libanons Regierungschef sieht israelische Angriffe als "Ablehnung" einer Waffenruhe
Libanons Regierungschef sieht israelische Angriffe als "Ablehnung" einer Waffenruhe / Foto: - - AFP

Libanons Regierungschef sieht israelische Angriffe als "Ablehnung" einer Waffenruhe

Der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati sieht die anhaltenden israelischen Angriffe in seinem Land Libanon als "Ablehnung" einer Waffenruhe. Die Angriffe unter anderem auf Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut seien "Hinweise" darauf, dass Israel "jegliche Bemühungen, eine Waffenruhe zu erreichen", ablehne, erklärte Mikati am Freitag. Er warf Israel in diesem Zusammenhang "Sturheit" vor. Indes wurden aus dem Libanon erneut israelische Angriffe auf Vororte von Beirut sowie auf Baalbek und Tyros gemeldet.

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In die Bemühungen um eine Feuerpause zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon war in den vergangenen Tagen Bewegung gekommen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Donnerstag die US-Gesandten Amos Hochstein und Brett McGurk getroffen, die sich um die Vermittlung der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz bemühen.

Mikati hatte sich nach einem Telefonat mit Hochstein "vorsichtig optimistisch" bezüglich einer Waffenruhe in den kommenden Tagen oder Wochen gezeigt. Der neue Hisbollah-Chef Naim Kassem zeigte sich in einer Fernsehansprache grundsätzlich zu einer Feuerpause bereit. Bisher sei aber noch kein annehmbares Abkommen präsentiert worden.

Am Freitag gingen die israelischen Angriffe auf Hisbollah-Stellungen im Libanon unvermindert weiter. Im Morgengrauen wurden der Nachrichtenagentur NNA zufolge mindestens zehn Luftangriffe auf die südlichen Vororte der Hauptstadt Beirut geflogen.

Die Angriffe hätten "massive Zerstörungen" hinterlassen, Gebäude "dem Erdboden gleichgemacht" und Feuer ausgelöst, berichtete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA. Israelische Kriegsflugzeuge hätten unter anderem die Vororte Ghobeiry und Al-Kafaat und die Sajjed-Hadi-Schnellstraße zum Ziel genommen.

Wenige Stunden später berichtete NNA von einem Angriff auf Baalbek im Osten des Libanon. "Die feindliche Luftwaffe hat einen Angriff auf das Viertel al-Sahraa in der Stadt Baalbek geflogen", meldete die Nachrichtenagentur. Örtlichen Behörden zufolge wurden bei dem Angriff mindestens zehn Menschen getötet.

Am Freitagnachmittag wurde dann ein Luftangriff aus der südlichen Küstenstadt Tyros gemeldet. Dabei sei ein Gebäude dem Erdboden gleichgemacht worden, berichtete ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP, der beobachtete, wie Rettungskräfte Menschen aus dem Trümmern bargen.

Die Städte Tyros und Baalbek beherbergen römische Ruinen, die zum Unesco-Welterbe zählen. Beide Städte und deren Umgebung waren in den vergangenen Wochen mehrfach Ziele israelischer Angriffe gewesen. "Geschichtsträchtige phönizische Städte sind in großer Gefahr, in Schutt und Asche gelegt zu werden", erklärte die UN-Libanonbeauftragte Jeanine Hennis-Plasschaert. Das kulturelle Erbe des Libanon dürfe "nicht ein weiteres Opfer dieses verheerenden Konflikts werden".

In Genf äußerte sich unterdessen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angesichts zunehmender israelischer Angriffe auf Gesundheitspersonal und medizinische Einrichtungen im Libanon "zutiefst besorgt". Die Zahlen seien "schockierend", bei den israelischen Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Libanon seien bereits 102 medizinische Mitarbeiter getötet und weitere 83 verletzt worden, erklärte WHO-Sprecherin Margaret Harris.

Der WHO-Sprecherin zufolge sind die Mitarbeiter überlastet, viele sind vertrieben worden. Zudem wies Harris auf Engpässe in den Krankenhäusern angesichts fehlenden Treibstoffs für die Generatoren hin.

Das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) beklagte indes einen akuten Mangel am Mitteln für die humanitäre Hilfe im Libanon. Bisher seien gerade einmal 17 Prozent der in einem Aufruf geforderten 426 Millionen Dollar (rund 392 Millionen Euro) zusammengekommen, sagte Ocha-Sprecher Jens Laerke. "Der Bedarf steigt von Minute zu Minute und die zugesagten Mittel reichen nicht aus, um Lebensmittel, Medikamente oder Unterkünfte zu kaufen", erklärte er.

Bei den seit rund einem Jahr andauernden Gefechten zwischen der israelischen Armee und der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon sind einer auf Daten des Gesundheitsministeriums basierenden Zählung der Nachrichtenagentur AFP zufolge im Libanon bereits mehr als 1800 Menschen getötet worden. Die israelische Armee hat die Zahl der toten Soldaten seit Beginn ihres Bodeneinsatzes vor einem Monat mit 37 angegeben.

Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Großangriff der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen auf Israel am 7. Oktober 2023 mit regelmäßigen Raketenangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Seit einigen Wochen hat die israelische Armee ihre Angriffe auf Hisbollah-Ziele im Libanon deutlich verstärkt. Außerdem startete sie Ende September Bodeneinsätze gegen Stellungen der pro-iranischen Miliz im Südlibanon.

E.Schneyder--NZN