Zürcher Nachrichten - US-Erlaubnis für Einsatz weitreichender Waffen durch Ukraine löst Debatten aus

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US-Erlaubnis für Einsatz weitreichender Waffen durch Ukraine löst Debatten aus
US-Erlaubnis für Einsatz weitreichender Waffen durch Ukraine löst Debatten aus / Foto: John Hamilton - DoD/AFP/Archiv

US-Erlaubnis für Einsatz weitreichender Waffen durch Ukraine löst Debatten aus

Die Entscheidung der US-Regierung, Kiew grünes Licht für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland zu geben, hat eine Debatte bei den übrigen Verbündeten der Ukraine und heftige Kritik aus Moskau und Pjöngjang ausgelöst. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Polen begrüßten die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden am Montag. Der Kreml warf Biden dagegen vor, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weiter anzuheizen, ähnlich äußerte sich der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un.

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Bei der Selbstverteidigung der Ukraine gehe es jetzt darum, "dass man nicht abwartet, dass die Rakete erst über die Grenze fliegt", sagte Baerbock im RBB. Stattdessen müssten die Abschussbasen auf russischem Gebiet zerstört werden. Dies sei "im Rahmen des internationalen Rechts, des Selbstverteidigungsrechts".

Auch Polen begrüßte die Entscheidung aus Washington. Biden habe auf die Entsendung nordkoreanischer Truppen nach Russland und jüngste massive Raketenangriffe auf die Ukraine "in einer Sprache geantwortet, die (der russische Präsident) Wladimir Putin versteht", schrieb Polens Außenminister Radoslaw Sikorski im Onlinedienst X.

Frankreichs Chef-Diplomat Jean-Noël Barrot bekräftigte beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel die Offenheit seines Landes, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland zu erlauben. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits im Mai als erster Staatschef eines führenden Nato-Staats den Einsatz westlicher Waffen gegen Stellungen in Russland öffentlich befürwortet.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani betonte dagegen, die von Italien an die Ukraine gelieferten Waffen dürften weiterhin ausschließlich auf ukrainischem Gebiet eingesetzt werden.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf dem US-Präsidenten am Montag vor, "Öl ins Feuer" gießen und "weitere Eskalation und Spannungen provozieren" zu wollen. Peskow verwies auf Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin im September, wonach die Genehmigung zum Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland von Moskau als Kriegseintritt der Nato-Staaten aufgefasst werden würde. Putin hatte für diesen Fall "angemessene Entscheidungen" angekündigt.

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un warf den USA und dem Westen vor, den Konflikt in der Ukraine auszunutzen, um "den Umfang ihrer militärischen Interventionen weltweit auszuweiten". Laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA warnte Kim, Washingtons fortgesetzte militärische Unterstützung der Ukraine wecke "Furcht vor einem dritten Weltkrieg".

Am Sonntag war bekannt geworden, dass die US-Regierung der Ukraine nach langem Zögern den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland erlaubt hat. Ein US-Vertreter bestätigte Medienberichte, wonach Präsident Biden bislang geltende Beschränkungen für an die Ukraine gelieferte Waffen aufgehoben hat.

Den Medienberichten zufolge änderte Biden seine Haltung, nachdem bekannt wurde, dass Russland nordkoreanische Truppen in der russischen Grenzregion Kursk stationiert hat. Laut "New York Times" erlaubte Biden erstmals den Einsatz von Raketen des Typs ATACMS mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern, um die ukrainische Armee in der Region Kursk zu unterstützen.

Die Waffen dürften zunächst eingesetzt werden, um die ukrainischen Streitkräfte in der Region Kursk gegen russische und nordkoreanische Truppen zu unterstützen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf US-Regierungsvertreter.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verwies auf die Bedeutung des Einsatzes weitreichender Waffen im Verteidigungskrieg gegen Russland. "Die Raketen werden für sich selbst sprechen", sagte er in einer Videobotschaft.

Biden ist nur noch wenige Wochen im Amt, am 20. Januar wird der wiedergewählte Ex-Präsident Donald Trump für eine zweite Amtszeit vereidigt. Der Rechtspopulist hatte sich im Wahlkampf gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen.

Die Ukraine versucht ihre westlichen Partner seit Langem dazu zu bewegen, dem Einsatz weitreichender westlicher Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland zuzustimmen und argumentiert, dies könne das Kriegsgeschehen maßgeblich zu Gunsten der Ukraine beeinflussen.

Von Deutschland fordert Selenskyj schon lange Taurus-Marschflugkörper. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt eine Lieferung ab und begründet seine Entscheidung mit einer in diesem Fall drohenden Eskalation des Konflikts mit Russland.

Die ukrainische Armee steht im Osten des Landes zunehmend unter Druck. Selenskyj teilte am Montag mit, dass er die dortige strategisch wichtige Frontstadt Pokrowsk besucht habe. "Dies ist ein spannungsgeladenes Gebiet. Nur der Stärke der Soldaten ist es zu verdanken, dass der Osten nicht vollständig von Russlands besetzt ist", erklärte er auf X.

Russland meldete derweil die Eroberung einer weiteren Ortschaft in der ostukrainischen Region Donezk. Bei einem russischen Luftangriff auf die ukrainische Hafenstadt Odessa wurden am Montag nach ukrainischen Angaben mindestens zehn Menschen getötet und 43 weitere verletzt.

Y.Keller--NZN