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Der Krieg in der Ukraine kann aus Sicht von Staatschef Wolodymyr Selenskyj letztlich nur durch Diplomatie beendet werden. Der Krieg werde "blutig sein, es wird heftige Kämpfe geben, aber endgültig enden wird er nur durch Diplomatie", sagte Selenskyj am Samstag dem ukrainischen Fernsehsender ICTV. Zugleich forderte er vom Westen weitere Waffenlieferungen. Nach der kompletten Einnahme der Hafenstadt Mariupol erhöhte Russlands Armee den Druck in der Ostukraine weiter.
"Es gibt Dinge, die wir nur am Verhandlungstisch erreichen können", sagte Selenskyi in dem ICTV-Interview. Er sprach sich für ein Dokument über Sicherheitsgarantien für die Ukraine aus, das "von den Freunden und Partnern der Ukraine, ohne Russland" unterzeichnet werde. Parallel dazu solle es bilaterale Verhandlungen mit Russland geben.
Ukrainische und russische Unterhändler hatten sich seit dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine Ende Februar zunächst regelmäßig persönlich oder online über eine Beilegung des Konflikts beraten. Die letzte Begegnung der Chefunterhändler beider Länder fand laut russischen Nachrichtenagenturen vor einem Monat statt. Beide Seiten machen sich gegenseitig für den Stillstand verantwortlich.
Italien legte im Ringen um eine diplomatische Lösung bei der UNO einen neuen Vorschlag vor. Er beinhaltet unter anderem die Bildung einer internationalen Vermittlungsgruppe mit Vertretern der UNO, der EU und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Während der nunmehr zwölfwöchigen Kämpfe hat die ukrainische Armee die russischen Angriffe auf Kiew und Charkiw im Norden des Landes abgewehrt. Im Osten des Landes steht sie aber massiv unter Druck.
Nach der kompletten Einnahme der Hafenstadt Mariupol versucht die russische Armee offenbar, auch die letzten ukrainischen Stellungen in der Region zu erobern. Die Lage im Donbass sei "extrem schwierig", die ukrainische Armee dränge die Offensive aber zurück, sagte Selenskyj am Samstagabend in einer Video-Botschaft.
Russland hatte am Freitagabend die "vollständige Befreiung" des wochenlang schwer umkämpften Asow-Stahlwerks in Mariupol verkündet. Zuvor hatten dort die letzten verbliebenen ukrainischen Soldaten kapituliert.
Mariupol sei wie andere ukrainische Städte "komplett zerstört" worden, erklärte Selenskyj. "Nun versuchen sie, das gleiche mit Sewerodonezk und vielen anderen Städten zu machen".
In der Region Luhansk werden inzwischen nur noch die durch einen Fluss getrennten Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk von der Ukraine kontrolliert. Ziel der russischen Angreifer sei es, "die totale Kontrolle der Regionen Donezk und Luhansk zu erringen und einen Landkorridor zur besetzten Krim zu haben", erklärte der ukrainische Generalstab.
Nach Ansicht von Experten droht Sewerodonezk, komplett von russischen Truppen umzingelt und belagert zu werden. Selenskyj sprach von "brutalen und absolut unsinnigen" Bombardements und Angriffen auf die Zivilbevölkerung, die in Kellern und Tunneln Zuflucht sucht.
Der ukrainische Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj, zeigte sich dennoch optimistisch. Seine Truppen bewaffneten sich neu und könnten wahrscheinlich im Juni zum Gegenangriff übergehen".
Die Ukraine wird bei den Kämpfen durch massive westliche Waffenlieferungen unterstützt. Eine solche zerstörte Russland nach eigenen Angaben im Nordwesten der Ukraine mit "hochpräzisen seegestützten Langstreckenwaffen". Die große Lieferung habe die Ukraine von den "Vereinigten Staaten und europäischen Ländern" für die Kämpfe in der Donbass-Region erhalten.
US-Präsident Joe Biden unterzeichnete am Samstag ein 40 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro) schweres neues Hilfspaket für die Ukraine. Es beinhaltet unter anderem sechs Milliarden Dollar für gepanzerte Fahrzeuge und Luftabwehrsysteme für die ukrainischen Streitkräfte. In einem Treffen mit Portugals Regierungschef António Costa erneuerte Selenskyj seine Forderung nach gepanzerten Fahrzeugen für die ukrainische Armee sowie nach einer echten EU-Beitrittsperspektive.
Russland stoppte am Samstag seine Gaslieferungen nach Finnland, das vor wenigen Tagen ebenso wie Schweden einen Antrag auf Nato-Mitgliedschaft gestellt hatte. Außerdem setzte Moskau 963 weitere US-Persönlichkeiten auf seine Sanktionsliste, darunter Meta-Chef Mark Zuckerberg und Hollywood-Star Morgan Freeman.
M.J.Baumann--NZN