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Die Londoner Polizei hat ihr Vorgehen bei den Ermittlungen zum "Partygate"-Skandal in der Downing Street verteidigt und Vorwürfe einer Sonderbehandlung für Premierminister Boris Johnson zurückgewiesen. "Wir sind nicht davor zurückgeschreckt, eine Strafe zu verhängen, wo wir sie für verdient hielten", sagte Stephen House von der Metropolitan Police am Donnerstag vor der Londoner Stadtversammlung. Auch der britische Regierungschef habe keine Nachsicht erfahren.
Ihn interessiere es "nicht besonders, was der Premierminister denkt", versicherte House. "Ich tue meine Arbeit ohne Angst oder Bevorzugung, so wie die Met es in dieser Situation auch getan hat."
Die Londoner Polizei hatte wegen der wiederholten Partys in der Downing Street, die trotz strikter landesweiter Corona-Beschränkungen gefeiert worden waren, monatelang ermittelt und 126 Bußgelder gegen Dutzende Politiker und Staatsbedienstete verhängt. Obwohl Johnson an mehreren dieser Feiern teilgenommen hatte, bekam er nur eine einzelne Strafe. Auf Betreiben eines oppositionellen Abgeordneten wird derzeit geprüft, ob eine unabhängige Überprüfung der Polizei-Ermittlungen zum "Partygate"-Skandal eingeleitet wird.
Am Mittwoch war ein lange erwarteter interner Untersuchungsbericht zum "Partygate"-Skandal veröffentlicht worden, der ein vernichtendes Fazit zieht. Die britische Regierungsspitze sei für die Verfehlungen in der Affäre um alkoholgeschwängerte Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns verantwortlich, heißt es in dem Bericht der hochrangigen Beamtin Sue Gray. Sie kritisierte vielfache Regelverstöße und "exzessiven Alkoholkonsum" im Regierungssitz.
Sicherheits- und Reinigungspersonal, das gegen das Verhalten der Partygäste protestierte, wurde Gray zufolge verspottet. Reinigungskräfte mussten demnach verschütteten Rotwein sowie das Erbrochene eines Partygastes wegwischen, das Sicherheitspersonal musste bei einem handgreiflichen Streit zwischen zwei Feiernden einschreiten.
Johnson bat die Sicherheits- und Reinigungskräfte nach Angaben seines Sprechers um Verzeihung. "Er hat sich gestern bei einer Reihe von Mitarbeitern entschuldigt", sagte der Sprecher am Donnerstag. "Heute Morgen hat er mit weiteren gesprochen." Der Premier sei "entsetzt" über das in dem Bericht angeprangerte Fehlverhalten gegenüber den Mitarbeitern gewesen.
Am Mittwoch hatte Johnson bereits erklärt, er bedauere die wiederholten Verstöße gegen die Corona-Restriktionen in seinem Haus "bitterlich". Rücktrittsforderungen wies der konservative Regierungschef jedoch zurück. "Ich denke wirklich, dass es angesichts der aktuellen Ereignisse meine Aufgabe ist, weiterzumachen und den Menschen in diesem Land zu dienen", sagte er unter Verweis auf den Ukraine-Krieg und steigende Lebenshaltungskosten in Großbritannien.
Laut zwei Blitz-Umfragen vom Mittwoch ist eine deutliche Mehrheit der Briten der Meinung, dass Johnson zurücktreten sollte. Selbst 19 Abgeordnete seiner eigenen Tory-Partei sprachen sich dafür aus. Für die Anberaumung eines Misstrauensvotums müssten sich aber 54 Tory-Abgeordnete aussprechen.
Johnson argumentiert, er sei bei den meisten der untersuchten Partys gar nicht dabei gewesen. Er bestritt zudem, das Unterhaus in der Sache angelogen zu haben. Das Parlament will mit einer eigenen Untersuchung klären, ob Johnson die Abgeordneten absichtlich getäuscht hat, indem er vor dem Unterhaus mehrfach behauptete, dass alle Corona-Regeln respektiert worden seien.
Um seinen Rückhalt sicherzustellen, traf sich Johnson am Mittwochabend mit konservativen Abgeordneten. Medienberichten zufolge sagte er dabei, sein berühmter Vorgänger, der für seinen starken Alkoholkonsum bekannte Winston Churchill, hätte wohl kaum den Zweiten Weltkrieg gewonnen, wenn damals ein Alkoholverbot in der Downing Street gegolten hätte.
T.L.Marti--NZN