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Das libanesische Parlament hat Armeechef Joseph Aoun zum neuen Präsidenten gewählt. Anoun legte unmittelbar nach der Abstimmung am Donnerstag seinen Amtseid ab. "Heute beginnt eine neue Ära in der Geschichte des Libanon", sagte er. Ausländische Regierungen begrüßten die Wahl Aouns als einen wichtigen Schritt zur Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität im Libanon.
Anoun sagte, er wolle rasch Gespräche über die Ernennung eines neuen Regierungschefs führen. Auch kündigte er vor dem Hintergrund der derzeitigen Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz an, ein staatliches "Monopol" auf Waffen durchsetzen zu wollen.
Der Libanon befindet sich seit Jahren in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise und hatte mehr als zwei Jahre lang keinen Präsidenten. Angesichts der Feuerpause im Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah war zuletzt der internationale Druck gestiegen, einen Staatschef zu bestimmen.
Die Amtszeit des vorherigen Präsidenten Michel Aoun - nicht mit Joseph Aoun verwandt - war bereits im Oktober 2022 zu Ende gegangen. Kritiker beschuldigen die schiitische Hisbollah und mit ihr verbündete Gruppen, die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes verhindert zu haben. Die Miliz ist durch den Konflikt mit Israel jedoch deutlich geschwächt.
Trotzdem erhielt Aoun am Donnerstag erst nach einem Treffen mit Parlamentsvertretern der Hisbollah die nötige Mehrheit. Im ersten Wahlgang hatte er nur 71 Stimmen erhalten und die Mehrheit damit verfehlt. Hisbollah-Vertreter hatten leere Stimmzettel abgegeben, wie die Nachrichtenagentur AFP aus der Miliz nahestehenden Kreisen erfuhr. Nach dem Treffen erhielt Aoun dann im zweiten Wahlgang 99 von 128 abgegebenen Stimmen.
Eine der drängendsten Aufgaben des neuen Präsidenten ist die Überwachung der fragilen Waffenruhe. Dazu brauche es ein Waffenmonopol des Staates, betonte der bei seiner Vereidigung in Zivil gekleidete Aoun.
Der Armeechef und neue Präsident kündigte zudem an, eine "umfassende Verteidigungsstrategie auf diplomatischer, wirtschaftlicher und militärischer Ebene" zu beraten. Dadurch solle der libanesische Staat ermächtigt werden, "die israelische Besatzung zu beenden und deren Aggression zu beenden".
Das Waffenruhe-Abkommen sieht vor, dass die israelische Armee den Südlibanon schrittweise verlässt. Auch die Hisbollah soll sich aus dem Grenzgebiet bis hinter den Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen. Lediglich die libanesische Armee und die UN-Friedenstruppe Unifil sollen in dieser Zone verbleiben. Die Frist zum Abzug der israelischen Truppen läuft Ende Januar ab.
Um die politischen Geschäfte im Libanon wieder in geregelte Bahnen zu lenken und wirtschaftliche Reformen anstoßen zu können, braucht Aoun zudem einen neuen Regierungschef. Er kündigte an, die Beratungen im Parlament zur Ernennung eines Ministerpräsidenten so bald wie möglich einzuberufen.
Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte, er hoffe, die Wahl werde "zur Stabilität beitragen". Die iranische Botschaft in Beirut beglückwünschte Aoun und erklärte, Teheran freue sich auf eine Zusammenarbeit für die Sicherung "gemeinsamer Interessen".
Aoun ist der fünfte Armeekommandant, der im Libanon Präsident wird und der vierte in Folge. Im Libanon werden die politischen Spitzenposten seit langer Zeit unter den Religionsgemeinschaften aufgeteilt: Der Präsident ist traditionell ein maronitischer Christ, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein Schiit.
Nach dem zweijährigen Machtvakuum an der Spitze des Libanon sei die Wahl Aouns ein "lang erwarteter erster Schritt" zur Überwindung der Krise im Land, sagte die UN-Sonderbeauftragte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Wahl Aouns als "Moment der Hoffnung" für den Libanon. "Der Weg ist nun offen für Stabilität und Reformen. Europa unterstützt diesen Weg", schrieb sie im Onlinedienst X.
Ähnlich äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron. Die Wahl Aouns ebne den Weg für Reformen und "die Wiederherstellung der Souveränität und des Wohlstands des Libanon", erklärte er auf X.
Von Seiten der US-Botschaft in Beirut hieß es, Washington verpflichte sich, eng mit Aoun bei dessen "Anstrengungen für die Einigung des Landes, für die Durchsetzung von Reformen und die Sicherung einer blühenden Zukunft für den Libanon" zusammenzuarbeiten.
Der Militärchef galt laut libanesischen Politikern als Favorit der mächtigen Verbündeten des Landes, der USA und Saudi-Arabiens. Im Vorfeld der Wahl hatten unter anderen Washington, Riad und Paris Vertreter nach Beirut entsandt. Einige Abgeordnete werteten dies offenbar als ausländische Einmischung, weshalb sie leere Stimmzettel abgabeb.
O.Meier--NZN