SDAX
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Nach jahrelangem Streit um die Flüchtlingsaufnahme will Frankreich mit deutscher Hilfe eine "Koalition der Willigen" schmieden: Der französische Ratsvorsitz wollte am Freitag beim EU-Innenministertreffen in Luxemburg die Einigung auf eine freiwillige Umverteilung von Flüchtlingen erreichen, die vor allem über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind. "Deutschland ist auf jeden Fall dabei", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Österreich warnte dagegen vor einem "falschen Signal" an Schlepper.
Frankreich legte den Innenministern eine sechsseitige Erklärung für einen "freiwilligen Solidaritätsmechanismus" vor. Der Kerngedanke: Wer besonders belasteten Ländern wie Italien oder Griechenland keine Migranten abnimmt, soll zahlen. Polen, Ungarn und andere EU-Staaten hatten sich seit der Flüchtlingskrise 2015 geweigert, Menschen etwa aus Syrien oder dem Irak aufzunehmen. Polen verweist nun aber auf die rund drei Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Der französische Innenminister Gérald Darmanin zeigte sich dennoch optimistisch mit Blick auf einen Durchbruch: "Eine große Mehrheit der Länder hat sich sehr positiv über diese Solidarität geäußert, und mehr als zehn Länder sind offen für die Umverteilung", sagte er in Luxemburg. Eine Einigung in dem festgefahrenen Streit wäre nach seinen Worten "eine kleine Revolution".
Vorsichtiger äußerte sich EU-Innenkommissarin Ylva Johansson: "Eine Einigung ist heute in Reichweite, aber wir sind noch nicht am Ziel", betonte sie. Faeser sagte, wenn zehn bis zwölf Staaten zur Übernahme von Flüchtlingen aus den Mittelmeerländern bereit seien, "wäre das wirklich ein großartiger Erfolg".
Widerstand gegen die Umverteilungspläne kam aus Österreich: Der österreichische Innenminister Gerhard Karner äußerte sich "sehr skeptisch, ja ablehnend". Wichtig sei dagegen "ein robuster, funktionierender Außengrenzschutz". Auch die Niederlande wollen sich laut Diplomaten nicht beteiligen.
Der auch für Immigration zuständige luxemburgische Außenminister Jean Asselborn rief die EU-Länder zur Einigung auf: "Wenn wir Millionen Menschen in der Europäischen Union aufnehmen können aus der Ukraine, dann müssen wir auch einige Tausend aufnehmen, die nicht aus der Ukraine kommen", sagte er.
P.E.Steiner--NZN