SDAX
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Im Prozess zu den Pariser Anschlägen von 2015 mit 130 Todesopfern hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für den Hauptangeklagten Salah Abdeslam gefordert. In einem in Frankreich äußerst seltenen Schritt forderte die Anklage am Freitag zudem unbegrenzte Sicherungsverwahrung. "Salah Abdeslam ist bis zum Schluss seiner Ideologie treu geblieben und ist unfähig, auch nur die geringsten Gewissensbisse zu zeigen", sagte Staatsanwältin Camille Hennetier.
In der Regel kommen zu lebenslanger Haft verurteilte Täter in Frankreich nach 20 bis 25 Jahren frei. Bei Abdeslam soll dies nun nach dem Willen der Staatsanwaltschaft ausdrücklich nicht der Fall sein können. Die für ihn geforderte lebenslange Haft mit unbegrenzter Sicherheitsverwahrung wurde seit ihrer Einführung in das französische Recht 1994 bisher nur viermal verhängt. Der Franzose ist das einzig noch lebende Mitglied der Terrorkommandos. Er hatte sich in der Tatnacht seines Sprengstoffgürtels entledigt und war geflohen.
Am 13. November 2015 hatten jeweils drei mit Sprengstoffgürteln ausgestattete Männer im Konzertsaal Bataclan, vor Cafés und Restaurants in der Pariser Innenstadt und nahe eines Fußballstadions 130 Menschen getötet. Bei den dschihadistisch motivierten Anschlägen waren zudem 350 weitere Menschen verletzt worden.
Der Prozess um die Anschläge hatte im vergangenen September begonnen. Angeklagt sind 20 Männer, von denen sechs abwesend sind. Die für sie von der Staatsanwaltschaft am Freitag geforderten Haftstrafen reichen von fünf Jahren Gefängnis bis zur Höchststrafe für Abdeslam. Es ist der größte Prozess, den Frankreich je erlebt hat. Das Urteil wird am 29. Juni erwartet.
Abdeslam war nach fünfmonatiger Flucht in Belgien festgenommen worden. Er hatte sich während des Prozesses zu der Tat geäußert. Gleich zu Beginn bezeichnete er sich als "Kämpfer" der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und stellte die Anschläge als Racheakt für den französischen Militäreinsatz in Syrien dar.
Später erklärte Abdeslam, dass er "nicht aus Feigheit, sondern aus Menschlichkeit" auf das Zünden seines Sprengstoffgürtels verzichtet habe. Dies wurde ihm weder von der Staatsanwaltschaft noch von Hinterbliebenen der Opfer geglaubt.
H.Roth--NZN