Zürcher Nachrichten - AfD entscheidet sich mit Doppelspitze Weidel/Chrupalla für radikaleren Kurs

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AfD entscheidet sich mit Doppelspitze Weidel/Chrupalla für radikaleren Kurs
AfD entscheidet sich mit Doppelspitze Weidel/Chrupalla für radikaleren Kurs / Foto: JENS SCHLUETER - AFP

AfD entscheidet sich mit Doppelspitze Weidel/Chrupalla für radikaleren Kurs

Die AfD hat sich mit ihrer neuen Parteiführung für einen radikaleren Kurs entschieden: Der Parteitag in Riesa wählte Tino Chrupalla und Alice Weidel am Samstag zur neuen Doppelspitze. Das als gemäßigter geltende Lager räumte seine Niederlage ein; von ihm unterstützte Kandidaten setzten sich nicht durch. Erstmals hätte die AfD auch eine Einzelspitze wählen können. Die Delegierten folgten aber Partei-Rechtsaußen Björn Höcke, der dies für "zu früh" hält.

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Bei seiner Wiederwahl erhielt Chrupalla lediglich 53,45 Prozent der Delegiertenstimmen; Weidel bekam bei ihrer ersten Wahl zur Parteivorsitzenden 67,3 Prozent. Chrupalla sagte, er nehme sein Ergebnis "mit Demut zur Kenntnis", strebe aber in zwei Jahren ein besseres Resultat an.

Die neue Parteispitze wertete Chrupalla als Zeichen für die Rückkehr zur Geschlossenheit. "Heute beginnt der Aufbruch der AfD", sagte er nach seiner Wahl. In seiner Bewerbungsrede hatte er innerparteilichen Gegner ins Visier genommen. "Die Wähler geben ihre Stimme keiner Partei, die ein Bild der Zerstrittenheit abgibt." Die AfD hatte bei allen zehn Wahlen seit Anfang 2020 Stimmen eingebüßt.

Chrupalla, der seit Ende 2019 Parteichef ist, hatte die AfD seit dem Abgang des früheren Ko-Vorsitzenden Jörg Meuthen alleine geführt. Meuthen hatte im Januar den Parteivorsitz niedergelegt und die AfD verlassen; Grund war der aus seiner Sicht zu radikale Kurs der Partei.

"Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag beendet", sagte Chrupalla. Nach Ansicht Weidels war der abgewählte Bundesvorstand der "mit Abstand unerfahrenste und unprofessionellste" in der Geschichte der AfD.

Gegen Chrupalla trat Norbert Kleinwächter an. Der zum gemäßigteren Lager zählende Bundestagsabgeordnete errang 36,3 Prozent. In seiner Bewerbungsrede hatte er gesagt, er wolle eine AfD, die "liberal und konservativ ist".

Weidel kündigte in ihrer Bewerbungsrede an, sich für eine klare Profilierung der AfD einzusetzen. "Wir müssen als Oppositionspartei wahrgenommen werden", sagte sie. "Dazu reicht kein Kuschelkurs." Zum schlechten Erscheinungsbild trage die Partei auch selbst bei, räumte die 43-Jährige ein.

Weidels Gegenkandidat Nicolaus Fest, der 20,75 Prozent der Stimmen erhielt, kritisierte das "dauernde Gehacke und Gehetze" in den sozialen Medien der AfD. Der EU-Abgeordnete warb für eine differenziertere Haltung etwa zum russischen Krieg gegen die Ukraine, aber auch im Umgang mit dem Thema Corona.

Die hessische Bundestagsabgeordnete Joanna Cotar, eine prominente Vertreterin der gemäßigteren Kräfte in der AfD, sagte am Rande des Parteitags, Chrupalla habe nun "die Kollegen an seiner Seite, die er wollte". Das frühere Meuthen-Lager sei in der Parteispitze nicht mehr vertreten. Sie hätte sich einen "Imagewandel" durch ein gemäßigteres Auftreten gewünscht. "Das war auf Bundesebene nicht gewollt", so Cotar.

Der Parteitag sprach sich für den vorläufigen Beibehalt der Doppelspitze aus, obwohl aufgrund einer Satzungsänderung erstmals auch eine Einzelspitze möglich gewesen wäre.

Höcke, eigentlich ein Verfechter der Einzelspitze, sagte dazu, er möchte "erstmal einen Bundesvorstand erleben, der den Selbstbeschäftigungsmodus hinter sich lässt". Wenn sich dann "Charaktere herausgeformt und bewährt haben", könne diesen in zwei Jahren Einzelverantwortung übertragen werden, sagte der Thüringer AfD-Chef, der in Riesa mehrfach das Wort ergriff.

Bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden wurde der Thüringer Stephan Brandner, der als Höcke-Vertrauter gilt, wiedergewählt. Neuer Parteivize wurde der Bundestagsabgeordnete Peter Boehringer. Der aus Bayern stammende AfD-Politiker setzte sich knapp gegen die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach durch. Der dritte Stellvertreterposten ging an die hessische Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel. Als Bundesschatzmeister wiedergewählt wurde Carsten Hütter.

Aus Protest gegen den Parteitag kamen am Samstag Demonstranten zu einer Kundgebung unter dem Motto "Riesa bleibt bunt" zusammen. Die Zulauf blieb hinter den von den Organisatoren erwarteten tausend Teilnehmern allerdings deutlich zurück. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz.

P.E.Steiner--NZN