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Nach dem verheerenden Erdbeben in Afghanistan hofft Entwicklungsstaatssekretär Niels Annen (SPD) auf ein grundsätzliches Umsteuern der regierenden radikalislamischen Taliban. Die Folgen der Naturkatastrophe im Osten des Landes hätten die schlechte Regierungsführung der Taliban deutlich gemacht, sagte Annen am Donnerstag im Deutschlandfunk. Manchmal sei "eine solche unglaubliche Katastrophe eine Möglichkeit, so etwas wie einen Neustart zu beginnen".
Die Wirtschaft des Landes stehe vor dem Kollaps "und ich kann nur hoffen, dass das Erdbeben und alles, was das mit sich bringt auch an internationaler Aufmerksamkeit, dazu führt, dass die Taliban-Verantwortlichen hier einen Kurswechsel einleiten", führte Annen aus.
Seit der Machtübernahme der Taliban im vergangenen August seien all ihre Maßnahmen "in die falsche Richtung gegangen", kritisierte der SPD-Politiker. Deutschland könne die neue Führung in Kabul daher nicht anerkennen, bleibe aber weiterhin im Gespräch mit ihr. Damit Hilfsgelder nicht "in die Taschen der Taliban" flössen, arbeite Deutschland bei der Unterstützung der afghanischen Bevölkerung mit der UNO und etablierten internationalen Nichtregierungsorganisationen zusammen.
Für die Lage nach dem Erdbeben gilt Annen zufolge, dass die "unmittelbare Hilfe zum Überleben" nicht "an politische Konditionen geknüpft" wird. "Ganz im Gegenteil. Die findet unabhängig von der politischen Lage statt", hob der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hervor.
Die Bundesregierung habe nach dem Erdbeben vom Mittwoch "sehr schnell angekündigt, dass wir dort jetzt helfen", sagte Annen im Deutschlandfunk. Allerdings sei dies "keine einfache Herausforderung". Wichtig sei, "dass sich die internationale Gemeinschaft hier eng abstimmt". Als positiv bewertete Annen es, dass die Taliban nach dem Erdbeben immerhin eingeräumt hätten, "dass sie auf internationale Hilfe angewiesen sind", und um diese gebeten hätten.
Ein Erdbeben der Stärke 5,9 hatte in der Nacht zum Mittwoch den Osten Afghanistans erschüttert. Nach vorläufigen Behördenangaben kamen mindestens tausend Menschen ums Leben, mindestens 1500 weitere wurden verletzt. Die Taliban-Führung bat Hilfsorganisationen um sofortige Unterstützung, "um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern".
M.J.Baumann--NZN