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Die Idee der Protestkonvois aus Kanada greift auf immer mehr Länder über: Am Samstag fuhren auch in Paris trotz eines Verbots tausende Gegner der Corona-Beschränkungen ein. Im niederländischen Den Haag blockierten ebenfalls vorübergehend Demonstranten mit ihren Fahrzeugen die Innenstadt. Die kanadische Polizei begann derweil mit der Räumung eines seit Tagen von Lkw-Fahrern blockierten Grenzübergangs zu den USA.
In Frankreich waren am Morgen trotz eines Verbots der Polizei tausende Demonstranten aus allen Landesteilen mit Autos, Wohnmobilen und Lieferwagen in die französische Hauptstadt eingefahren. Die Pariser Polizei mobilisierte 7200 Einsatzkräfte, um Blockaden durch Fahrzeugkolonnen zu verhindern. Nach Schätzungen der Polizei befuhren am Samstagmorgen 3000 Fahrzeuge mit insgesamt 5000 Demonstranten den äußeren Autobahnring von Paris.
Am Nachmittag waren mehr als hundert Fahrzeuge und Fußgänger des selbsternannten Freiheitskonvois auf den Champs-Élysées unterwegs. Sie schwenkten Fahnen und skandierten "Freiheit". Schließlich setzte die Polizei Tränengas ein und drängte die Fußgänger in einen nahegelegenen Park zurück. Auch der Platz rund um den Arc de Triomphe wurde geräumt. Mehr als 50 Menschen wurden festgenommen.
Unter den Teilnehmern der Konvois befinden sich Impfgegner, aber auch Menschen, die gegen gestiegene Preise und generell gegen die Regierung in Paris protestieren. Einige der Protestierenden planten die Weiterfahrt nach Brüssel, wo am Montag ein "europäisches Treffen" stattfinden sollte. Die belgischen Behörden haben die geplanten Konvois ebenfalls verboten.
Von einer Aktion "phänomenalen Ausmaßes" sprach ein Organisator der Proteste gegenüber AFP. Die Konvois rufen Erinnerungen an die Proteste der sogenannten Gelbwesten wach, die 2018 und 2019 das Land bewegt hatten. Zwei Eilanträge gegen das Verbot der Konvois hatte die französische Justiz am Freitag zurückgewiesen.
Premierminister Jean Castex hatte ein unnachgiebiges Vorgehen der Behörden angekündigt. "Wenn sie den Verkehr blockieren oder versuchen, die Hauptstadt lahmzulegen, müssen wir sehr entschlossen sein." Präsident Emmanuel Macron rief zur "größtmöglichen Ruhe auf".
Bei weiteren Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen versammelten sich am Samstag nach Angaben des französischen Innenministeriums landesweit mehr als 32.000 Menschen, darunter rund 7600 in Paris.
In Den Haag fuhren am Samstag ebenfalls Gegner der Corona-Maßnahmen aus den gesamten Niederlanden mit ihren Fahrzeugen in die Innenstadt. Niederländischen Medienberichten zufolge blockierten hunderte Autos den berühmten Binnenhof, in dem unter anderem das niederländische Parlament seinen Sitz hat.
Die Polizei stellte den Demonstranten eine Frist bis zum Nachmittag für das Verlassen der Stadt. Diese wurde eingehalten, wie die Polizei am Abend mitteilte. Einige Teilnehmer wollten allerdings am Sonntag zurückkehren, andere nach Brüssel oder Paris weiterfahren.
Inspiriert sind die sogenannten Freiheitskonvois vom aktuellen Protest kanadischer Lkw-Fahrer, die mit einer Blockade die Hauptstadt Ottawa sowie drei wichtige Grenzübergänge zu den USA großteils lahmlegten. Am Freitag hatte der Oberste Gerichtshof der Provinz Ontario die Trucker angewiesen, die Ambassador-Brücke zwischen der Provinz und der US-Metropole Detroit bis zum Abend zu räumen. Die Frist verstrich jedoch, ohne dass die Demonstranten der Anordnung nachkamen.
Am Samstag begann die Polizei mit einem Großaufgebot und gepanzerten Fahrzeugen mit der Räumung der Brücke. Die ersten Lkws verließen daraufhin die Brücke, wie ein AFP-Journalist berichtete. Mehrere dutzend Demonstranten besetzten jedoch weiterhin die Fahrbahn. Die Polizei warnte die Demonstranten auf Twitter, ihnen drohe die Festnahme, falls sie das Gebiet nicht verlassen. Die Ambassador-Brücke ist eine wichtige Verkehrsader und Handelsverbindung.
Premierminister Justin Trudeau gerät angesichts der seit zwei Wochen andauernden Proteste zunehmend unter Druck. US-Präsident Joe Biden hatte am Freitag wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Blockaden für die USA ein schärferes Vorgehen der kanadischen Behörden gefordert. Einen Einsatz der Armee schloss Trudeau jedoch aus.
Y.Keller--NZN