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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kann für weitere fünf Jahre an der Spitze des Staates stehen. Die Bundesversammlung bestätigte den 66-Jährigen am Sonntag mit großer Mehrheit für eine zweite Amtszeit. Steinmeier erhielt 1045 von 1425 gültigen Stimmen, dies entspricht 73,3 Prozent. In seiner Rede warnte Steinmeier eindringlich vor der Gefahr eines von Russland entfesselten Kriegs in Osteuropa - und er wandte sich direkt an Präsident Wladimir Putin.
"Wir sind inmitten der Gefahr eines militärischen Konflikts, eines Krieges in Osteuropa", sagte Steinmeier - und stellte klar: "Dafür trägt Russland die Verantwortung." An den Kreml gerichtet sagte der Bundespräsident: "Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine! Und suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt."
Steinmeier nutzte seine Rede für eine leidenschaftliche Verteidigung der Demokratie. "Ich weiß wohl: In den Augen von autoritären Herrschern gelten demokratische Institutionen als schwach", sagte der Bundespräsident. Die Demokratie aber sei "stark, weil sie ihre Kraft nicht mit Unterdrückung, nicht mit Drohungen nach außen und Angst im Inneren erkauft." In Richtung Russland sagte er: "Ich kann Präsident Putin nur warnen: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!"
In der Rede vor der Bundesversammlung sprach Steinmeier auch über sein Amtsverständnis als Bundespräsident. Er sei "überparteilich, ja - aber ich bin nicht neutral, wenn es um die Sache der Demokratie geht. Wer sie angreift, wird mich als Gegner haben!"
Auch im Inland werde er die Demokratie weiter gegen stärker werdende Anfechtungen verteidigen, sagte Steinmeier. In den zwei Jahren der Corona-Pandemie hätten sich "Frust, Enttäuschung, Gereiztheit" breit gemacht. Er stelle sich dabei gegen all jene, "die Wunden aufreißen, die in der Not der Pandemie Hass und Lügen verbreiten, die von 'Corona-Diktatur' fabulieren und sogar vor Bedrohung und Gewalt nicht zurückschrecken".
Steinmeiers drei Gegenkandidaten hatten in der Bundesversammlung von vornherein als chancenlos gegolten. Der von der Linken aufgestellte Sozialmediziner Gerhard Trabert bekam 96 Stimmen, die für die Freien Wähler kandidierende Atomphysikerin Stefanie Gebauer erhielt 58 Stimmen.
Für beide war es ein Achtungserfolg, sie erhielten mehr Stimmen, als ihre Parteien Wahlleute in der Bundesversammlung hatten. Der von der AfD nominierte Ökonom Max Otte bekam 140 Stimmen - damit lag er unter der Zahl der AfD-Wahlleute. Es gab 86 Enthaltungen.
Der Bundespräsident war mit ausdrücklicher Unterstützung von SPD, Unionsparteien, Grünen und FDP in die Bundesversammlung gegangen. Diese Parteien stellten mehr als 1220 der 1472 Mitglieder der Bundesversammlung. Steinmeier erhielt also nicht alle Stimmen aus diesen Fraktionen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Steinmeier zur Wiederwahl und sagte: "Er ist der richtige Präsident genau zur richtigen Zeit." FDP-Chef Christian Lindner würdigte Steinmeier als "eine berechenbare Größe und eine Stimme für das Beste, was unsere Demokratie ausmacht". Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) lobte Steinmeier als "würdigen Bundespräsidenten".
Auch CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz würdigten Steinmeier als guten Präsidenten, der sich die Unterstützung der Union verdient habe. Gratulationen kamen auch von den Glaubensgemeinschaften, die Steinmeier als Brückenbauer und als Kämpfer gegen gesellschaftliche Spaltung würdigten.
Steinmeier äußerte nach seiner Wiederwahl Verständnis für den Wunsch vieler Menschen, eine Frau als Staatsoberhaupt zu haben. "Wir sind nicht mehr in der Situation, dass man sagen kann, bestimmte Ämter stehen für Frauen nicht zur Verfügung", sagte Steinmeier der ARD. Er selber könne aber "nur als der antreten, der ich bin", sagte er. "Was das Geschlecht angeht, kann ich es nicht ändern."
N.Fischer--NZN