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DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig hofft für die bevorstehende Heim-EM trotz der Negativerfahrung des Verbandes bei der WM 2022 in Katar auch auf positive Effekte für die Gesellschaft. Außer ein erfreuliches Ergebnis der deutschen Mannschaft wünschte sich Rettig in einem Focus-Interview vor allem eine Wiederbelebung der Atmosphäre beim WM-Sommermärchen 2006.
Gesellschaftspolitisch sieht Rettig den DFB ebenso wie den "Profifußball insgesamt" in der Verantwortung: "Eine Branche, die ihr Geld mit und durch die Öffentlichkeit verdient, braucht gesellschaftliche Akzeptanz. Anders als in der Realwirtschaft gibt es im Profifußball eine emotionale Rendite, die wir sichern müssen", sagte Rettig und fügte an: "Das heißt auch, dass wir in diesen schwierigen Zeiten Hoffnung und Orientierung geben. Und der Sport – und der Fußball ist ein großer Teil davon – hat auch eine Verantwortung, durch das Miteinander rechten Tendenzen entgegenzuwirken und in Zeiten von Fake News ein wichtiger Ratgeber und Wegweiser zu sein."
Vor diesen Hintergründen und im Rückblick auf die Regenbogenbinden-Debatte in Katar soll die EM nach den Vorstellungen des 60-Jährigen "wieder einen positiven Spirit erzeugen". Besucher aus dem Ausland sollen wie vor 18 Jahren künftig auch gerne an die EM zurückdenken können, meinte Rettig: "Diese Willkommenskultur und Gastfreundschaft wieder zu zeigen, ist für mich die stärkste gesellschaftliche Aufgabe und Botschaft, die wir hinterlassen sollten."
Die momentan fehlende EM-Euphorie hat aus Rettigs Sicht mehr Ursachen als nur wiederkehrende Enttäuschungen der deutschen Nationalmannschaft. "Wir dürfen nicht alles auf den DFB schieben. Zur Vorfreude und zur Emotionalität gehören auch Rahmenbedingungen außerhalb des Fußballs. Wir sind in einer sehr schwierigen Situation in unserem Land. Wir haben Krieg in Europa, wirtschaftliche Probleme und eine gesellschaftliche Spaltung, die durch rechte Gruppierungen hervorgerufen wird. Für viele ist die EM noch sehr weit weg, weil wir im Hier und Jetzt ganz andere Probleme haben", erklärte der frühere Bundesliga-Manager.
Entsprechend gehört für Rettig auch eine EM-Begeisterung um das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann zu den Gradmessern für ein erfolgreiches EM-Turnier: "Wichtig wäre, dass uns die Herzen zu fliegen. Das wäre schon mal nicht schlecht."
P.Gashi--NZN