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Carlos Alcaraz schlug nach seiner spektakulären Finalshow überwältigt die Hände über dem Kopf zusammen, schickte Küsse auf die Tribüne und fiel seinen Eltern in die Arme - als der Ausnahmespieler den Machtwechsel im All England Club von Wimbledon mit seiner erfolgreichen Titelverteidigung eindrucksvoll zementiert hatte, brach die ganze Freude aus dem wild jubelnden Spanier heraus. Novak Djokovic schlich unterdessen schwer geschlagen zu seinem Stuhl.
Der 21 Jahre alte Topstar Alcaraz hat sich mit seinem einzigartigen Mix aus Kraft und Spielfreude im Duell der Generationen erneut beim prestigereichen Tennis-Klassiker als Djokovics sportlicher Albtraum erwiesen. Die Revanche des gehemmt wirkenden Serben blieb aus, Alcaraz zerschmetterte bei seinem unerwartet deutlichen 6:2, 6:2, 7:6 (7:4)-Triumph in nur 2:27 Stunden Djokovics Hoffnung auf den 25. Grand-Slam-Triumph mit Nachdruck.
Wie im Vorjahr setzte sich der 16 Jahre jüngere Fanliebling durch, sicherte sich seinen zweiten Wimbledon-Triumph und insgesamt schon vierten Majorsieg. Alcaraz raubte Djokovic die Chance, mit dessen achtem Turniertitel in London zu Rekordchampion Roger Federer aufzuschließen. Stattdessen nahm er selbst überglücklich die vergoldete Siegertrophäe von Prinzessin Kate entgegen und strich ein Preisgeld in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro ein.
Einen Tag nach dem Triumph der Tschechin Barbora Krejcikova im Frauen-Endspiel gegen die Italienerin Jasmine Paolini bewahrte sich der wild entschlossene Alcaraz seine perfekte Finalbilanz auf höchster Ebene. Auch die US Open 2022 und die French Open in diesem Sommer hat er gewonnen. Vier Grand-Slam-Titel in seinem Alter hatten zuvor einzig die deutsche Ikone Boris Becker und die schwedischen Heroen Björn Borg und Mats Wilander errungen.
Alcaraz wollte seine Landsleute mit einem früheren Grund zum Jubeln ins Fußball-EM-Finale schicken. Schon vor dem Turnierbeginn hatte er klargemacht, dass er nur für den nächsten Titel an die Themse gekommen war. "Ich möchte einer der Besten in der Geschichte werde. Das ist mein großer Traum", sagte der Athlet aus Murcia bei CNN: "Ich möchte mit den 'Big Three', den Legenden unseres Sports, an einem Tisch sitzen."
Während Nadal und Federer sicher aus der Ferne zuschauten, stand er Djokovic erneut Auge in Auge gegenüber. Vor dem Turnier hatte schon die Teilnahme des Perfektionisten aus Belgrad nach seiner Knie-OP Anfang Juni als unwahrscheinlich gegolten. Im Verlauf seiner Matches war dann aber seine graue Kniebandage der größte Hinweis auf die frisch kurierte Verletzung, Djokovic war sportlich wieder voll da und die Spannung vor dem "Traumfinale" groß.
Im Vorjahr hatten sich beide Kontrahenten ein hochspannendes Kräftemessen über 4:42 Stunden geliefert - schon damals hatte Alcaraz den ersten Satz klar gewonnen, was sich nun wiederholte. Er nutzte seine enorme Schnellkraft aus, um den überrumpelten und teilweise verhalten wirkenden Djokovic zu dominieren. Der Routinier suchte vor 15.000 Zuschauern auf dem altehrwürdigen Court nach einem Mittel, um Alcaraz den Spielfluss zu nehmen und er suchte immer wieder auch den Weg ans Netz, mit überschaubarem Erfolg. Auch der zweite Satz ging klar an den Spanier, der die Ikone unter Dauerdruck hielt.
Djokovic stand nun mit dem Rücken zur Wand und kämpfte wie wild. Alcaraz besaß schon drei Matchbälle beim Stand von 5:4, doch plötzlich wurde der Arm schwer und Djokovic sah einen kleinen Hoffnungsschimmer - wenig später jubelte dann aber doch Alcaraz.
T.Gerber--NZN