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Eine Woche vor der entscheidenden Runde der französischen Präsidentschaftswahl haben Betrugsvorwürfe aus Brüssel Herausforderin Marine Le Pen unter Druck gesetzt. Inmitten der Vorbereitungen auf das einzige und möglicherweise entscheidende Fernsehduell mit Amtsinhaber Emmanuel Macron am Mittwoch platzte die Nachricht, dass die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf der Rechtspopulistin und einigen ihrer Vertrauten die Veruntreuung von rund 600.000 Euro vorwirft. Macron warb unterdessen mit dem Versprechen einer "grünen" Präsidentschaft um Stimmen umweltbewusster Wähler.
Das französische Nachrichtenportal "Mediapart" hatte am Samstag den Olaf-Bericht veröffentlicht, wonach Le Pen während ihrer Zeit als Europaabgeordnete zwischen 2004 und 2017 EU-Gelder in Höhe von rund 137.000 Euro unter anderem für innenpolitische Zwecke und persönliche Ausgaben abgezweigt haben soll.
Insgesamt sollen sie und drei weitere ehemalige Abgeordnete, darunter ihr Vater Jean-Marie Le Pen, rund 600.000 Euro an Zuwendungen für die Fraktionen veruntreut haben. Darüberhinaus soll Marine Le Pen Parteimitgliedern Scheinbeschäftigungen als Assistenten im Europäischen Parlament verschafft haben.
Die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass sie den Bericht am 11. März erhalten habe und ihn derzeit prüfe. Das EU-Parlament will nun laut einem Vertreter alle Beträge zurückfordern.
Le Pens Anwalt wies die Anschuldigungen zurück. Es handele sich um eine "Instrumentalisierung" so kurz vor der Präsidentschafts-Stichwahl am Sonntag, sagte Rodolphe Bosselut. Trotz uralter Vorwürfe sei Marine Le Pen "von keiner französischen Justizbehörde vorgeladen" worden. Weder er noch seine Mandantin hätten zudem den Abschlussbericht der 2016 eingeleiteten Untersuchung erhalten, fügte der Anwalt hinzu.
Die Vorwürfe kommen für Macrons Rivalin zu einem denkbar ungelegenen Zeitpunkt. Vier Tage vor der Stichwahl findet am Mittwoch ihre einzige Fernsehdebatte mit dem 44-jährigen Amtsinhaber statt. Die Debatte gebe ihr die Chance, über sie verbreitete "Fake News" zurechtzurücken, sagte die Rechtspopulistin bei einem Wahlkampfauftritt am Samstag in der Normandie .
Die 53-Jährige zeigte sich überzeugt, diesmal besser auf die Fernsehdebatte vorbereitet zu sein als beim Duell während des Präsidentschaftswahlkampfs 2017. Damals ließ Macron seiner Widersacherin vor laufenden Kameras keine Chance, wenige Tage später gewann er die Stichwahl mit klarem Vorsprung.
Macron äußerte sich im Fernsehsender TF1 zuversichtlich, das Duell erneut für sich entscheiden zu können: "Ich glaube, ich habe einen überzeugenden Plan, der es verdient, bekannt zu werden, und ich habe das Gefühl, dass es auf der Seite der extremen Rechten ein Projekt gibt, das es verdient, genauer erläutert zu werden".
Jüngsten Umfragen zufolge würden 53 bis 55,5 Prozent der Stimmen am Sonntag auf Macron entfallen und 44,5 bis 47 Prozent auf Marine Le Pen. Bis zu einem Viertel der Franzosen könnten demnach den Wahlurnen fernbleiben.
Vor allem bei den fast acht Millionen Wählern, die bei der ersten Runde den linkspopulistischen Kandidaten Jean-Luc Mélenchon mit seinem ökologisch ausgerichteten Programm auf den dritten Platz gehievt hatten, gibt es noch viele Unentschlossene. In einer von Mélenchons Partei beauftragten Umfrage unter knapp 215.300 Anhängern gab nur ein Drittel an, für Macron stimmen zu wollen.
Offenbar vor allem mit Blick auf die Mélenchon-Anhänger versprach Macron für den Fall seiner Wiederwahl, den Umweltschutz in den Mittelpunkt seiner künftigen Politik zu stellen. Er werde dafür sorgen, dass Frankreich als "erste große Nation aus Öl, Gas und Kohle aussteigt", sagte er bei einer Wahlkampfkundgebung am Samstag im südfranzösischen Marseille.
A.Weber--NZN