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Ungeachtet heftiger Kritik aus Umweltverbänden und Opposition hat der Bundestag mit der Mehrheit der Koalition am Freitag das neue Klimaschutzgesetz beschlossen. Damit werden einklagbare Sektorziele für die Senkung der Treibhausgasemissionen abgeschafft. An den Emissionszielen selbst ändert sich aber nichts, wie Rednerinnen und Redner der Ampel-Koalition in der Debatte betonten.
Ein Nachsteuern ist künftig jedoch nur noch vorgeschrieben, wenn die Emissionsziele insgesamt in zwei Jahren in Folge nicht erreicht werden. Damit entfällt die Pflicht zur Vorlage von Sofortprogrammen für einzelne Sektoren, etwa den Verkehrsbereich. Anders als bisher geht es auch nicht mehr um einen Rückblick, sondern um die Prognosen für das Erreichen der Ziele bis 2030 beziehungsweise später für 2040.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge verteidigte das Vorhaben. "Wir schauen nicht auf Einmaleffekte, sondern auf dauerhaft sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen", sagte sie in der Debatte. Darum schaue "das Klimaschutzgesetz künftig nach vorne". Auch habe "jeder Sektor weiterhin ein Ziel" und "an der Menge der eingesparten CO2-Emissionen ändern sich gar nichts".
Dröge verwies zudem auf seit dem Regierungsantritt der "Ampel" erreichte Fortschritte beim Klimaschutz. Der Ausbau der Erneuerbaren gehe "in rasantem Tempo voran". Erstmals sei Deutschland nun in der Lage, das Emissionsziel für 2030 einzuhalten. Die Grünen-Fraktionschefin erwähnte auch den EU-Beschluss zum "Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor" - ausgerechnet dies wolle die Union rückabwickeln.
Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch stellte klar, es dürfe nach der Neuregelung "kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden". Da Maßnahmen in einigen Sektoren aber mehr Zeit benötigten, "brauchen wir die Flexibilität der Sektoren untereinander". Die Verbindlichkeit der Minderungsziele im Verkehr und bei Gebäuden werde schon allein durch hier bei Verfehlungen drohende EU-Strafzahlungen sichergestellt.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr begrüßte das Aufweichen der Sektorvorgaben. "Dem Klima ist es vollkommen egal, ob die CO2-Emissionen aus dem Energiesektor, aus dem Industriesektor oder aus dem Verkehrssektor kommen", begründete er seine Haltung. Andernfalls hätte es im Verkehrssektor zu Fahrverboten kommen können, argumentierte er weiter.
"Dieses Gesetz ist ein Rückschritt für den Klimaschutz", sagte dagegen der CDU-Umweltpolitiker Andreas Jung. Die Koalition mache es damit "zu einem Papiertiger". Jung warf vor allem den Grünen vor, er hätte sich nie vorstellen können, dass sie "der Entkernung dieses Gesetzes zustimmen und das auch noch schönreden". Die Neuregelung sei "das Gegenteil von Nachhaltigkeit", weil "die Gesamtverbindlichkeit damit abgeschafft" werde. Angeblich drohende Fahrverbote nannte der CDU-Politiker "einen Popanz", den allein die FDP aufgebaut habe.
Von einem "schwarzen Tag für den Klimaschutz" sprach auch Linken-Parteichefin Janine Wissler. Damit werde der Verkehrssektor "quasi befreit von den Klimazielen". Wissler kritisierte das Gesetz als "Lizenz zum Nichtstun".
Auch die AfD stimmte gegen das neue Gesetz, allerdings deswegen, weil sie Klimaschutzvorgaben generell für falsch hält. Der AfD-Politiker Karsten Hilse warf den übrigen Parteien eine "Klimahysterie" vor. Die Neuregelung muss nun noch abschließend im Bundesrat beraten werden.
Aktive der Umweltorganisation Greenpeace demonstrierten anlässlich der Abstimmung mit projizierten Leuchtzeichen am Reichstagsgebäude gegen ein Aufweichen des Klimaschutzgesetzes. Auch Fridays for Future und die Deutsche Umwelthilfe beteiligten sich an Protestaktionen vor dem Parlament.
"Die Bundesregierung stiehlt sich mit dieser Gesetzesänderung aus der klimapolitischen Verantwortung und verschiebt Klimaschutz in die ferne Zukunft", kritisierte die Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz, Stefanie Langkamp. Der Umweltverband Nabu wies darauf hin, dass sich die Ampel-Koalition mit der Neuregelung von der Pflicht befreie, vor der Bundestagswahl zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen vorzulegen.
J.Hasler--NZN