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Im Koalitionsstreit über die richtigen Antworten auf die schlechte Wirtschaftslage erhebt SPD-Chefin Saskia Esken schwere Vorwürfe gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Die Regierung habe im Sommer mit der Wachstumsinitiative ein breites Bündel an Maßnahmen beschlossen - dieses sei aber "an vielen Stellen zu klein geraten", sagte Esken am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Und warum? Weil eben der Finanzminister nicht bereit ist, sich zu bewegen bei der Frage der Einnahmesituation des Staates."
Lindner und die FDP seien "stärker in der Schuldenbremse verhaftet" als in "anderen Gedanken", kritisierte Esken. Die Koalition sei "gestartet mit sehr starken, ambitionierten Vorhaben, die dann aber im Rahmen der Finanzen ziemlich eingeschränkt nur umgesetzt werden konnten" wegen der Haltung der Liberalen.
Esken verteidigte zugleich den "Industriegipfel", den Olaf Scholz (SPD) am Dienstag ohne Lindner oder Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Kanzleramt abgehalten hatte. "Es ist vollkommen normal, dass der Bundeskanzler, der die Regierung führt, solche Gespräche auch führt, dass er zu so einem Gipfel einlädt und dass er da auch entscheidet, wer dabei sein soll."
Zum weiteren Vorgehen sagte die SPD-Chefin, sie finde es "jetzt wichtig, dass auf diese besondere Situation in der Industrie auch besondere Antworten gefunden werden". Diese müssten an bestimmten Stellen weiter gehen als bisherige Verabredungen, "nämlich gerade bei den Energiepreisen".
Esken nahm hier vor allem die Netzentgelte in den Fokus. Mit ihnen finanzieren Stromkundinnen und -kunden letztlich den Ausbau der Stromnetze. Der Staat müsse die Möglichkeit haben, "die Netzentgelte über längere Jahre zu strecken", forderte Esken. "Es kann doch nicht sein, dass der Ausbau der Netze jetzt in den nächsten zwei Jahren von den Stromkunden bezahlt wird, obwohl Generationen von dem Ausbau profitieren werden. Und dieses Strecken muss der Staat zwischenfinanzieren, anders geht es nicht."
Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte im ZDF-"Morgenmagazin", die Netzentgelte seien "ein wichtiges Thema, denn die Stromkosten sind weiterhin eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft". Sie verwies auf Vorschläge ihres Parteikollegen Habeck, der unter anderem ebenfalls eine Reform der Netzentgelte angeregt hatte.
Zum wirtschaftspolitischen Streit innerhalb der "Ampel" sagte Dröge, "manchmal wäre es gut, wenn sich die Bundesregierung mehr an das halten würde, was sie schon miteinander beschlossen hat, und das ist eine Wachstumsinitiative". Die Hälfte der im Juni vereinbarten Maßnahmen sei "noch nicht mal im Deutschen Bundestag angekommen. Das jetzt ganz konzentriert abzuarbeiten, wäre beispielsweise etwas, was ich von allen Ministern im Kabinett erwarten würde", sagte Dröge.
Neben dem Scholz-Gipfel im Kanzleramt hatte es am Dienstag auch eine Veranstaltung von FDP-Chef Lindner und seiner Bundestagsfraktion gegeben, bei der ebenfalls Wirtschaftsvertreter eingeladen waren. Dröge sagte dazu, es sei zwar in Ordnung, wenn Mitglieder der Bundesregierung "mit der Wirtschaft" redeten. "Allerdings brauchen wir aus meiner Sicht keine Gipfel der Eitelkeiten, sondern konkrete Vorschläge, was man jetzt machen muss, um die deutsche Wirtschaft zu unterstützen".
F.Carpenteri--NZN