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Die Europäische Kommission will die Herstellung von Halbleitern in der EU ankurbeln und dafür rund 43 Milliarden Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln mobilisieren. Damit würden Vorkehrungen getroffen, "zukünftige Schocks für unsere Wirtschaft zu vermeiden, wie wir sie mit den derzeitigen Versorgungsengpässen bei Chips sehen", erklärte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Dienstag. Die Brüsseler Behörde reagiert damit auf die anhaltende Knappheit von Mikrochips in der Industrie.
Mit dem sogenannten Chips Act will die EU bei Halbleitern unabhängiger von Asien werden. Denn Halbleiter werden derzeit zu einem großen Teil in Taiwan, China und Südkorea hergestellt. Während der Pandemie war es weltweit zu Engpässen bei den gefragten Mikrochips gekommen. In der Automobilindustrie mussten Unternehmen die Produktion drosseln oder einstellen. Durch ihre Bedeutung für die Herstellung von etwa Autos oder Smartphones gelten die Halbleiter zunehmend als Schlüsseltechnologie.
Bei der Produktion von Halbleitern strebt die Behörde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun an, den Weltmarktanteil der EU bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent mehr als zu verdoppeln. In einem Markt, der sich laut Experten bis 2030 verdoppeln könnte, würde das eine Vervierfachung der Produktion erfordern. Die einst in der Chipforschung sehr starke EU musste zuletzt einen Rückgang ihres Marktanteils auf neun Prozent der weltweiten Produktion hinnehmen.
Zum Gegensteuern sieht die EU-Kommission elf Milliarden Euro an neuen Ausgaben für die Forschung an Chips vor. Die Mittel sollen rund zur Hälfte von der EU und zur Hälfte von den Mitgliedstaaten kommen. Weitere mehr als 30 Milliarden Euro sollen aus laufenden EU-Projekten kommen sowie aus Mitteln, die die Mitgliedstaaten für die Steigerung der Halbleiterproduktion ausgeben wollen.
Mit staatlichen Beihilfen soll die Ansiedlung von Konzernen aus Drittstaaten gefördert werden, die dann ihrerseits investieren. "Europa braucht fortschrittliche Produktionsanlagen, die natürlich mit hohen Vorlaufkosten verbunden sind", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des Chips Act.
In Europa wird mit einer größeren Investition des US-Chipherstellers Intel gerechnet. Konzernchef Pat Gelsinger hatte im September von mehreren möglichen Standorten in Deutschland gesprochen
Doch auch wenn die 27 Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament den Plänen der EU-Kommission zustimmen, muss die EU sich anstrengen, nicht hinter der internationalen Konkurrenz zurückzubleiben. In Taiwan plant der Chiphersteller TSMC, zwischen 40 und 44 Milliarden Dollar (rund 34 bis 38 Milliarden Euro) alleine in den kommenden zwölf Monaten für neue Fabriken auszugeben. In den USA verabschiedete das US-Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf, der für die Halbleiterproduktion im eigenen Land 52 Milliarden Dollar (rund 45 Milliarden Euro) vorsieht.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte das Vorhaben der EU-Kommission. "Mit zunehmenden geopolitischen Spannungen und hohen staatlichen Subventionen in die Halbleiterfertigung" durch China und die USA "verschärft sich der technologische Wettkampf", erklärte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung.
Kritik kam hingegen vom Think Tank Centrum für Europäische Politik (CEP), das die derzeitigen Engpässe als "vorübergehend" einschätzte. "Bis die ersten durch den Chips Act geförderten Chipfabriken produzieren können, werden mindestens drei Jahre vergehen. Der Engpass an Chips ist dann bereits behoben", teilte das CEP mit.
W.F.Portman--NZN